Juhu, das Baby ist da! Es gibt wohl kein einzigartigeres Gefühl als diesen kleinen und hoffentlich gesunden Menschen, der viele Monate im Bauch war, endlich in den Armen zu halten. Auch wenn die Schwangerschaft mit Aufs und Abs verlief, die Geburt schmerzhaft war – all das ist oft schon wenige Wochen nach Geburt und Wochenbett nicht mehr so relevant. Es zählt nur das Ankommen miteinander. Und es ist so wichtig, sich dieses Privileg herauszunehmen: Nicht nur, weil das Leben auf links gedreht ist. In den Wochen nach der Geburt passiert körperlich, hormonell und seelisch so viel, dass es unnötig ist, noch mehr drauf zu packen.
An Beschäftigung mangelt es nicht: stillen, wickeln, Baby umziehen, Wäsche waschen, einkaufen, sich eventuell noch um ein Geschwisterkind kümmern, das Aufmerksamkeit möchte und ja, schlafen muss Frau auch noch. Oft bleibt wenig Zeit, um sich mit dieser Frage zu beschäftigen: Wie geht es mir eigentlich – körperlich und emotional?
Glücklicherweise laufen viele körperlichen Prozesse von selbst: Alle Organe (Gebärmutter, Atemorgane, Magen-Darm-Trakt) sowie Muskulatur (Beckenboden) und Gewebe (Geburtsverletzungen oder die Narbe eines Kaiserschnitts) heilen und regulieren sich bereits kurze Zeit nach der Geburt - anfangs sehr schnell, danach etwas langsamer. Was es zunächst nur braucht, ist Zeit.
Das hört sich easy an, ist es mitunter aber nicht. Denn schnell können Anspruch und Wirklichkeit aufeinanderprallen: All das, was einem vor der Geburt des Kraft gegeben hat, scheint angesichts der vielen Aufgaben auf einmal weit weg und purer Luxus zu sein. Fast jede dritte Frau kann vom „Baby-Blues“ berichten. Deswegen ist es so wichtig, aj ein Muss, sich um sich zu kümmern, also um den Körper (Rückbildung), die Gefühle und den Geist.
Rückbildung = den Körper stärken, nicht auspowern
Fast zehn Monate einen wachsenden Menschen in sich zu tragen und auf die Welt zu bringen, verändert den Körper, macht ihn „verletzlich und offen“. Auf der körperlichen Ebene heißt das konkret:
- der Beckenboden ist geschwächt, was auch Jahre nach der Geburt beispielsweise zu Inkontinenz und Rückenschmerzen führen kann
- Schultern/Nacken können durch das Tragen und Stillen des Babys verspannen
- Die tiefe Core-Muskulatur ist geschwächt, was oft einhergeht mit Schmerzen im unteren Rücken einhergeht
Um wieder in die eigene Kraft zu kommen und alles, was sich über Monate weiten durfte, wieder zu schließen, ist es sinnvoll, die Rückbildungsprozesse des Körpers sanft zu unterstützen. Die Betonung liegt auf sanft. Vom Joggen raten einige Expertinnen beispielsweise bis zum 1. Geburtstag deines Babys explizit ab. Auch wenn du es kaum erwarten kannst, dich zu bewegen oder dir wünschst, bald wieder in deine alten Hosen zu passen - mach dir keinen Stress! Lass es langsam angehen. Solltest du stillen, ist das schon ein Pluspunkt für deine Rückbildung. Und Yogaübungen können dir zusätzlich dienen.
Die drei Pluspunkte von postnatalem Yoga:
1. Stärkung und Zentrierung des Körpers
Grundsätzlich wird empfohlen: Fang frühestens acht Wochen nach der Geburt mit gezielten Übungen zur Rückbildung an. Nach einem Kaiserschnitt dauert es meist länger und es ist wichtig, hier das Okay deiner Ärztin/deines Arztes zuvor einzuholen. Wenn du grünes Licht hast, spricht nichts dagegen, auf die Matte zu gehen. Zunächst sollte die Stärkung des Beckenbodens im Fokus stehen. Der Beckenboden ist der Schlüssel zu allen Bewegungen, zu guter Körperhaltung, zu Dynamik, stabilem Gleichgewicht und harmonischer Koordination. Warum er noch so wichtig ist, erfährst du hier. Erst danach sind die seitlichen Bauch- sowie die Rückenmuskeln und sukzessive auch die geraden Bauchmuskeln dran.
Das hört sich vielleicht zunächst sehr theoretisch an, da die Bewegungen im Yoga nie nur eine Muskelgruppe ansprechen. Der Schwerpunkt kann aber in den Asanas eben auf jene Bereiche gelegt werden. Konkret heißt das zum Beispiel: Du machst den Krieger I nicht wie in vielen Vinyasa-Stunden mit einem großen Ausfallschritt und als Rückbeuge (beides ist kurz nach der Geburt nicht sinnvoll), sondern verkleinerst den Schritt, um durch die isometrische Kraft zwischen den Füßen den Beckenboden stärker zu aktivieren. Ein paar Anregungen findest du auch hier. (VIDEO)
2. Atmung
Sich ein paar Minuten Zeit fürs bewusste Atmen – im Yoga sagen wir Pranayama - zu nehmen, ist als frischgebackene Mama Gold wert. So können die Atemorgane, konkret Lunge und Zwerchfell, wieder in ihre volle Ausdehnung gebracht werden. Das unterstützt nicht nur das allgemeine Wohlbefinden und hilft stressige Phasen leichter zu meistern. Es hilft auch, schneller in (kurze) Entspannungsphasen zu finden.
3. Entspannung
Das klingt für Mamas wahrscheinlich nach Luxus. Vielleicht sogar nach Zeitverschwendung, will man doch die kostbare Zeit so effektiv wie möglich nutzen. Doch Entspannung und das Üben sich zu entspannen sind wichtig. Zum einen wird so der Teil des Nervensystems stimuliert, der hilft, nicht ins Burnout zu schlittern. Zum anderen können auch Muskeln nur stärker werden, wenn die Balance zwischen anspannen und entspannen stimmt.
Veröffentlicht von: Tatjana in Yoga